Bei Sollbesteuerung muss der Unternehmer die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, sobald er die Rechnung geschrieben hat – auch dann, wenn der Kunde erst später bezahlt –, bislang eine uneingeschränkte Pflicht zur Vorfinanzierung der Umsatzsteuer durch den Unternehmer. Nun hat der Bundesfinanzhof Zweifel daran geäußert, dass diese Pflicht ohne Einschränkungen so weiter bestehen darf, da sie möglicherweise gegen bindende Vorgaben des EU–Rechts verstößt. Aus aktuellem Anlass hat der Bundesfinanzhof ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof gerichtet (Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.06.2017 – V R 51/16; veröffentlicht am 20.09.2017). Einfach ausgedrückt, handelt es sich hierbei um so genannte „langfristige Verträge“: wenn der Unternehmer die Rechnung schreibt, diese jedoch in Raten oder überhaupt Jahre später vollständig bezahlt wird. Der Europäische Gerichtshof soll in einem konkreten Fall – jedoch richtungsweisend für andere vergleichbare Fälle – darüber entscheiden, ob der Steuerpflichtige verpflichtet ist, die für die Leistung geschuldete Steuer für einen Zeitraum von zwei Jahren vorzufinanzieren, wenn er die Vergütung für seine Leistung (teilweise) erst zwei Jahre nach Entstehung des Steuertatbestandes erhalten kann.
Gespannt warten auf diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs diejenigen Unternehmen mit Sollbesteuerung, die oft mit bedingten Vergütungsansprüchen (Bau; Personalvermittler; Honorarvereinbarungen; etc.) und/oder mit befristeten Zahlungsansprüchen (Ratenverkauf; einzelne Formen des Leasing; etc.) konfrontiert sind. Nach gegenwärtiger Praxis müssen alle Unternehmen mit Sollbesteuerung die Umsatzsteuer unter allen Umständen vorfinanzieren. Für die oben genannten Fälle jedoch könnte sich dies nun bald ändern.
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FRANK LEHMANNMBA for Finance and Financial Services (UK), Steuerfachwirt (GER) Categories
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